Der Sitzplatz

Ich gehe zu einer Veranstaltunug mit Sitzplatz. Dabei handelt es sich nicht um einen Kinobesuch - vielmehr geht es darum, dass man Musik zu hören bekommt. man könnte also auch "Konzert" sagen.. Egal.
Bevor diese Veranstaltung statt findet, habe ich bereits beim Kartenvorverkauf datauf geachtet, dass ich einen Sitzplatz für mich erwerbe, bei dem ich genügend Beinfreiheit habe (schliesslich möchte man es ja so gemütlich haben, wie es eben geht).

Der besagte Abend naht. Ich mache mich rechtzeiteig auf den Weg.
Am Ort des Geschehens zuerst schon mal großße Augen der anderen Leute - und wenn ich Gedanken lesen könnte, dann wären mindestens 10 Denkwölkchen gefüllt mit "Meine Güte..muss diese Frau denn auch noch hohe Schuhe tragen?!". Ich honoriere diese Gedanken mit einem freundlichen Lächeln und stakse, so graziel es denn eben geht mit meinen Absätzen, die ich besser zu einer Sitzparty getragen hätte, an der Schlange vorbei. Diese Leute müssen sich in der Schlange anstellen, ich habe meine Karte bereits. Ätschie! Haben sie wohl auf den Plakaten nicht gelesen, obwohl der Hinweis mit dem Kartenvorverkauf ja eigentlich in Augenhöhe steht.. .
Im Saal suche ich meine Reihe und meinen Platz. Ach ist das einfach: nur ein Gang - und an diesem sitze ich! Schnell hingesetz, bevor ich noch weiter auffalle. Da höre ich auch schon das erste langgezogene Seufzen "ohhhhhhhhhhhhhhhhpfffffffffffffffffffffffffffff...!". Ich drehe mich um und frage höflich"Ist etwas nicht on Ordnung?" "Nein nein, alles gut, aber sie sitzen jetzt genau vor mir!" Ich denke noch "Tja, sowas kann ihnen nunmal passieren, wenn sie eine Veranstaltung mit mehreren Stühlen besuchen", aber ich bleibe nett und sage:" Ich rutsche runter, in Ordnung?" Die Dame lächeld nickend, ich drehe mich wieder nach vorne.
Die Minuten vergehen, mittlerweile sind es nur noch höchstens Fünf bis zum Konzert.
Da beginnt der Veranstalter oder jemand in ähnlicher Rangordnung plötzlich damit, vor mir eine Reihe Stühle aufzubauen. Ich frage höflich:" Ähm..entschuldigung, muss das so eng sein??" Er nickt. "Das ist ja nur, weil wir so einen hohen Besucherandrange habe!" Ich schaue ihn an und antworte:" Ich frage ja nur...weil ich so lange BEine habe." und ich lächele ihn an. "Setzten sie sich doch bitte grade hin..mit dem Rücken an die Stuhllehne, dann passt das doch. Ich muss mich doch den vorigen Reihen anpassen Verstehen sie?" Ich verstehe natürlich. Ich rutsche ein bisschen hoch, da zischt es hinter mir: "Hallo..?! Sie hatten doch versprochen, dass sie so sitzen bleiben!" Ich antworte genervt: "Und mir hatte man versprochen, dass ich am Gang sitze!" Mittlerweile mag ich mich auch gar nicht mehr umdrehen. Die Dame zischt irgendetwas von unfreundlich, dabei bin ich eigentlich die personifizierte Freundlichkeit. Aber das möchte ich ihr nun auch gerade nicht erklären, weil ich nun wirklich nicht in der Stimmung bin!!
Die Temperatur im Saal steigt auf gefühlte 50 Grad..wenn auch nicht überalle, dann zumindest rund um meinen Sitzplatzt. Die Musik beginnt, ich merke aber schon meine Kniescheiben an der Stuhllehne. Also versuche ich meine Position zu verändern. Der kleine rundliche Herr vor mir dreht sich um und flüstert:" Könnte sie bitte aufhören, an meiner Lehne herum zu bollern?" Ich knicke meine Beine sofort wieder unter den Stuhl.
Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass ja neben mir auch noch Leute saßen. Und wie ich mich so hinflätze meint die Dame neben mir: "Entschuldigung,aber sie sitzen schon ganz schön auf meiner Seite..?!"

Dem kann und will ich nun nichts mehr entgegen setzen. Also kauere ich mich so klein, wie es geht uf meinem Stuhl zusammen. Von der Musik habe ich vor lauter ärgern bis jetzt gar nicht viel mitbekommen!

Ich verharre regungslos, obwohl mich das Drücken der vorderen Stuhllehne auf meine Knie wahnsinnig macht und mir der Rücken weh tut!
Bis zur Pause schaffe ich diese Position. Das Licht geht an. Die Herrschaften zu meiner Rechten springen auf, um schnell in das Foyer zu gelangen und sich ein Getränk zu holen. Gerne würde ich es ihnen nach tun, doch mir sind die Beine eingeschlafen! Links neben mir geht es los. "Wollen sie nicht aufstehen? Dann lassen sie uns doch wenigstens vorbei!" DER war auch gut! Die Herren sind zwar schlank, aber SO nun auch wieder nicht..es sei denn, sie schafften es zwischen Knien und der daran klebenden Stuhllehne vorbei! Da das nicht der Fall ist, haken sie den Stuhl neben mir aus und verschwinden durch die hintere Reihe, da es ihnen offenbar nicht ansatzweise schnell genug geht.

Nach schätzungsweise 5 Minuten kommen meine Beine zu sich. Ich erhebe mich aus meiner Position..fast alleine befinde ich mich nun im Saal. Alle anderen sind im Eilschritt hinaus und von ihnen ist mittlerweile nur noch lautes Unterhalten zu vernehmen.
Ich begutachte mein Outfit. Total verknittert! Da hätte ich mir das Bügeln echt sparen können! Und die Hose erst: an den Knien total ausgebeult von vielen hin und her rutschen!! Seh ich sch..ön aus - wie frisch vom Soffa! Aber egal. Ich gehe mir die Hände waschen (meine Blase konnte sich in dieser Position ja gar nicht füllen, also brauche ich auch nicht zur Toilette..).
Als ich oben ankomme sehe ich, dass der Saal schon wieder fast vollständig gefüllt ist. Unsere Reihe ist natürlich gänzlich vollzählig - mit einer Ausnahme: meinem Platz!

Nee, das brauch ich nun auch nicht, denke ich und sehe mich im Saal um.

In der Mitte befindet sich eine Treppe, um die höher gelegenen Plätz zu erreichen. Keine Stühle davor, keine dahinter - ich bin ein Glückspilz!! Also husche ich schnell dorthin. Ich setze mich ganz oben auf die Stufe, in die Mitte. Hier kann man ja am Besten sehen. Keiner hinter mir seufzt, keiner vor mir zetert.
Ich strecke die Beine aus. Die Musik beginnt.

Was für ein Klang!

Ein wunderschöner Abend - und weil es so schön war, habe ich (weil ich ja die Hälfte der Stücke gar nicht gehört habe) mir am Ende die CD gekauft. Und essen war ich dann auch noch! Ich habe an einem Tische gesessen, ganz allein, und mir mit einer Fanta zugeprostet. Auf dich, große Martina! Und die Ibuprofen genen Rücken- und Knieschmerzen hatte ich zum Glück noch in meiner Handtasche.