Die Schönheit
Meist spielte ich als Kind alleine,ging nicht in den kindergarten.Ich spielte mit dem alten Mischlingshund meiner Oma,schnüffelte an allem und begriff früh die Welt mit den Händen.
Manchmal kam auch Besuch von meinen Verwandten zur Oma. Meine Cousine gesellte sich dann dazu.Schon als kind fiel mir ihre Grazie und besonderheit auf. --Don`t touch this! ...es könnte kaputt gehen, war schon damals mein Impuls.
Später wurde ich mit 10/11 Jahren in ein katholisches Internat gesteckt geschickt.Alle 14 Tage war übers WE Heimfahrt.
Manchmal wurde ich von meinen Verwandten-mit meiner Cousine dabei- abgeholt. Ob ihr`s glaubt oder nicht:von den älteren Jungs bekam ich Geldangebote,wenn ich ihnen den Kontakt mit ihr herstellen würde.
Jede Zeit hat so ein absolutes Schönheitsideal,das uns meist von den Medien prodegiert wird und meine Cousine entsprach dem punktgenau.
...und wieder vergingen die Jahre. Sie kurz vor dem Abi, ich in einem Ausbildungsberuf. Ich jobte im Schichtbetrieb bei einer Chemiefirma- sie in Mainz beim ZDF in einer Redaktion. Dieter Kürten (der damalige ZDF Sportchef ) kreuzte ihren Weg und holte sie ins Team und dann durfte sie sogar eine Jugendsportsendung (als Aushilfe!!) moderieren.
Sie machte glänzendes Abitur, spielte ganz passabel Klavier, tanzte noch Ballett; ich schloss phlegmatisch meine Ausbildung ab.
Ich ging ihr aus dem Weg.Mein Credo lautete : Schönheit ist Oberfläche,ist einfach Schminke.Echt ist nur das Hässliche,das im Staub und Dreck liegt,in den Ritzen der Gassen,im sound der Straßen-das ist Schönheit,das kann ich fühlen.
In den ,für mich,wilden 80`ger Jahren,Post Punk Parties,schräge durchwetzte Klamotten,fuhr ich mein ersten zusammengeschweister R4,mein erstes eigenes Auto....und ich war der Fahrer und sie plötzlich Beifahrerin auf dem Weg zu einer Party nach Mainz; alles wider meinem Willen.
Zum ersten Mal nach meiner Erinnerung war ich mit meiner Cousine alleine.Sie musterte mich freundlich, lachte,
war ausgelassen und dann wieder ernst und redete darauf los. Sie suchte einfach einen Draht zu mir. Sie versuchte mir auch ernstere Dinge zu sagen,was sie betrübte oder woran sie "knapperte".
Ich war so verblendet,(im Zirkus meiner eigenen Welt), dass ich es als nicht real begriff;ich setzte die Sonnenbrille auf,ließ den Motor aufheulen und machte das Schiebefenster auf durchzug.Ich fuhr immer schneller.Ich konnte sie nicht mwhr hören.Mein rasanter Fahrstil und mein obercooles Gehabe machte ihr Angst; sie schrie mich an und wollte aussteigen.
O.K. ich mäßigte mich und brachte sie zur Party und zu den üblichen "Gockeln" die sie schon erwarteten.
Unsere Wege hatten sich seit dieser Autofahrt getrennt.Zu Weihnachten mal eine Pflichtkarte,das war es auch schon!
Leute,auch hinter einer so "schönen"Fassade steckt ein Mensch.Wenn ich alles Revue passieren lasse habe ich nun eine Erkenntniss gewonnen: Nicht Alles braucht man auseinander zu nehmen,zu analysieren. Am Meer zählt man doch auch nicht jede Welle oder zerhackt eine schöne Melodie in einzelne Töne.Hätte ich damals auf der Autofahrt zugehört,mit ihr aufrichtig gesprochen,hätte ich den Menschen dahinter gesehen...und wenn dieser Augenblick anders verlaufen wäre,würde mein und ihr Leben-vielleicht?- eine andere Wendung genommen haben.