Wohnen ... philosophische Standortbestimmung

Wohnen- philosophische Anmerkungen


Der Inhalt der nachfolgenden Zeilen enthält keinen praktischen Nutzwert.

Nur Gedankenkreis. Für Leser,die konkrete und praktische Stories lieben,lohnt es sich nicht weiterzulesen! (Das war das Vorwort)


In diesen Corona-Zeiten sitzen wir mehr oder minder gerne in unseren Wohnungen herum.

Ich lasse gerade meinen Blick von links nach rechts schweifen.

Hier die skandinavische Essecke, dazu das hellbraune Ledersofa, dahinter

die 50iger Jahre Vitrine aus Omas Erbe, und hier ..und da so manchen Plunder!Sollte ich mich denn nicht nach der Krise etwas stilvoller

einrichten, mir ist es nach Dieter Rahms schwebendem Regal (Designer lebt noch in meiner Nachbarschaft), oder mal extravagant ein Pierre Paulin Sessel??


Wohnprobleme – (meine) Luxusprobleme.


Corona zwingt viele Arbeitnehmer zu Home -Office.Wer aber glaubt,die Heimarbeit macht Wohn-Hierachien unsichtbar, irrt.Es zeigt,dass die Perspektive bei einer Skype oder Intranet-Videokonferenz nicht hinausgegangen ist. Der eine sitzt in einem cleanen Arbeitszimmer- der andere am Küchentisch und spielenden Kindern im Hintergrund.

Wenn sich aber durch Home-Office viel Arbeit kostengünstig für die Firma erledigen lasse-wird nach Corona bestimmt am Heimarbeitsplatz

festgehalten. Wer sich aber mal durch Immobielienportale durchklickt,

wird sehen,dass fast niemals ein Arbeitszimmer vorhanden ist.

Da gibt es Sofalandschaften so groß wie drei Studenten-Appartements,

oder Starkochküchen-aber Arbeitszimmer?? Nein- in Einrichterberater Kreisen stellt man sich den Kunden als Sesselhocker vor, der nur seine

auserwählten Designstücke im Blick hat, aber Alltagsprobleme,arbeiten,

oder etwas vorbereiten—Fehlanzeige!


Menschen sind heute in ihren Wohnungen eingeschlossen, ihren eigenen Geschmacksentscheidungen ausgeliefert. Um einer Sinnkrise zu entgehen

recherchiere ich mal im Internet bei Philosophen,die sich damit auseinandergesetzt haben: Heidegger im Aufsatz „Bauen ,Wohnen, Denken“...kann`st vergessen. „Der Sterbliche sucht den Sinn des Wohnens,muss es aber erst lernen“ Hilft nicht! Bei Adorno das Gegenteil :“Eigentlich kann man überhaupt nicht mehr wohnen“ /Zit. In Minima Morlia“ Hilft auch nicht weiter.

In Romanen des 19Jhd. ,denke da an Dostojefski oder Balzac werden die „edlen“Charakteren immer analog zu ihrem stilsicheren Wohngegenständen beschrieben.

Viele-die meisten sind über diese grossbürgerliche Einstellung des stilsicheren geforderten Zeitschriftengeschmacks nicht hinausgekommen:


Zeige mal meine Wohnungseinrichtung und du hast von mir ein Selbstportait. Viele geben sich mit dem selbstgewähltem Bild zufrieden.

Es ist zumindest dreidimensional, analog und kann nicht von den

digitalen Profilauftritten geliked oder lächerlich gemacht werden. Es dient der Selbstbehauptung,quasi eine Schutzburg in der tosenden,Außenwelt.


Und einen Schritt noch weiter:


Da frage ich mich doch, ob dieses Eingeschlossen sein in der Hölle des Guten Geschmacks alles ist,was erstrebenswert ist.

Sehe ich in den Hochglanzzeitschriften wie „Schöner Wohnen, Wallpaper, AD, oder wie sie alle heißen nach „Gutem Geschmak“ um, dann sehe ich

Anleitungen zum glücklichem Selbstportait, das kein Außen kennt.

Immer schickes Ambiente, Bücherregale in denen Bücher nach Farben stehen, mal eine knallige Obstschale im Sterilisationsraum..aber nie

,nie! Öffnungen nach draußen zum normalen Leben, zu Bauzäunen,Autostaus, etc. Das kommt nie vor, nie eine Ritze als Öffnung.

Das Versprechen lautet: wenn du nur stilvoll passend eingerichtet bist, dann kannst du bei dir selbst sein.D.h. Dann bist du einzigartig – du betrachtest dich nur selbst. Du spiegelst dich immer selbst. Da fällt mir eine alte Parabel ein: Der Teufel stellt dem Spiegelbetrachter hinter ihm einen zweiten Spiegel auf. Der Narzist verliert sich in der Unendlichkeit!(Ich glaube Walter Benjamin hat es mal erwähnt)


Nein,Schluss mit „Schöner Wohnen“: Ich brauche eher eine Wohnung mit

vielen Fenstern, einem großen Flachbildschirm,damit ich von euch da draußen etwas mitbekomme. O.K. Das war jetzt ein Flax. Es ist halt wichtig,dass das reale Leben nicht vor der Wohnung aufhört. Es ist vielmehr wichtig,dass die Städte/Dörfer wohnlich sind. Nicht die Wohnungen sollen größer , sondern die Städte wohnlicher.

Dann hat auch Adorno recht. „Es gehört zur Moral nicht bei sich zu Hause zu sein!“

Kommentare 3

  • Um einer Sinnkrise zu entgehen

    recherchiere ich mal im Internet bei Philosophen,die sich damit auseinandergesetzt haben ...


    Wenn du fündig geworden bist, lass es mich bitte wissen.

    • Danke für`s mitdenken @Metternich:


      Wo soll ich anfangen? Die Sinnfrage ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit!

      Ich starte mal bei der christlichen Heilslehre,die ja damals einen universellen Anspruch und unsere

      Ordnung (auf Erden) geprägt hatte.

      Die metaphysische Weltordnung / christl. abendländische Weltordnung (Augustinus)


      Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Der Grund alles Seiende wurde im Sein an sich gesetzt -> in Gott (der letzte hinterfragbare Grund).

      Er gab die Platzanweisung des Menschen an und die Einfügung in das große Ganze.


      Nach dem Zusammenbruch der Metaphysik philosophierte zunächst Kant um die menschliche Sinnfrage.

      Er versuchte es mit dem Streben nach rationaler Erkenntnis,aber er erkannte auch,dass die menschliche Vernunft nicht in der Lage ist die sichtbare Welt zu verlassen und in den letzten Grund hinabzusehen.

      "Auf dem Weg des Denkens gibt es keine Gewissheiten" (um die Metaphysik dennoch zu integrieren versuchte er es mit Kant´s moralischem Gesetzt ..."du sollst sittlich handeln!"


      Nietsche

      Hatte Kant noch versucht die christliche Metaphyik zu integrieren, so bricht Nietsche radikal: "Gott ist tot!"

      Kunst und Kultur ist zwar bei ihm noch eine psychologisch,hilfreiche Illusion,auf dem Weg ins Nirvana(Abgrund) Nichts steht fest-alle ist ungewiss: "Nihilismus" Es gibt keine Wahrheit (es gibt viele Wahrheiten)


      Marx

      Im Industriellen Zeitalter wird der Mensch an seinem Nutzen gemessen. Das führt zur Entfremdung des Menschen von seinem Wesen. Er versuchte es in einem dialektischem Ansatz die Spaltung

      zu analysieren und im universalem Kommunismus (die große Gemeinschaft) aufzulösen.


      Nach vielen Philosophen wurde die Frage an die Psychologen weitergegeben,

      Die Sinnfrage wurde nun mit der Beschäftigung des Einzelnen analysiert. Freud,Adler versuchten sie mit der Triebhaftigkeit des Menschen zu analysieren. Viktor E.Frankl mit der Logotherapie.

      Die Sinnlosigkeit wurde als pathogene Neurose (noogene Neurose) überführt und war fortan behandlungsfähig. Es soll wieder das Bewußtsein von Freiheit und Verantwortung hergestellt werden.


      Klar ich könnte noch neuere Lehrmeinungen von Philosophen anfügen, aber ich möchte auch individuell mir Gedanken machen um das Wohnen in Corona-Zeiten.

      Für mich ist das mehr ein kypernetischen Modell: Du lebst auf einer zweidimensionalen Matrize.

      Dein Standort wird permanent von deiner Umwelt (Mensch ,Natur, Erfahrung..) bestimmt.

      Dein Sinn ist ein Vektorpfeil nach oben. Du suchst danach ein ideeller Wert. Der Wert ist nie genau besimmbar,sondern nur die Wahrscheinlichkeit.(der weg dazu) Um sich zu korigieren brauchst du Input..eben von anderen,fremden Leuten auf deiner zweidimensionalen Grundlage, Wird aber diese zweidimensionale Grundlage zu einem Punkt (ohne Aussenbezug) wie die Wohnung ohne Fenster!

      so fällt die Korektur meines Vektors weg und es vermehren sich Zweifel.

      Alles (un)klar ..??

    • DANKE,


      das mit dem Vektor finde ich gut...

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